TRANSFORMATION III ⎜2014

Tomoko Sauvage ▪ Heidrun Schramm

Workshops: November - Dezember 2014 Ausstellung: 22. November - 12. Dezember 2014

Ausstellungseröffnung: Freitag, 21. November, 18:30 Uhr mit Dr. Franziska Giffey, Bezirksstadträtin für Bildung, Schule, Kultur und Sport des Bezirks Berlin-Neukölln. Kuratorin: Silvia Ploner.

Die dritte Ausstellung der Temporären Galerie zeigte eine raumgreifende Klanginstallation der in Japan geborenen und in Frankreich lebenden Musikerin Tomoko Sauvage zusammen mit einer Intervention der Berlin-Neuköllner Musikerin Heidrun Schramm.

Tomoko Sauvage arbeitet seit Jahren mit einem selbst entwickelten »elektroaquatischen« Instrument. Es besteht aus mit Wasser gefüllten Porzellanschüsseln in unterschiedlichen Größen und Unterwassermikrofonen, so genannten Hydrofonen, die die in den Schüsseln entstehenden Schwingungen in Frequenzen übersetzen. In einer feinen Balance zwischen Kontrolle und Offenheit für den Zufall spielt Sauvage Wasser im wörtlichen Sinn, indem sie es berührt oder anderweitig in Bewegung versetzt. Daraus ergeben sich fragile, natürliche Obertöne, die sie mit den akustischen Eigenheiten der Räume verwebt, in denen sie sich befindet. Für die Temporäre Galerie hat Tomoko Sauvage ihr Live-Set-up in eine ephemere Langzeit-Performance verwandelt. Zwölf von der Decke hängende Eisblöcke schmolzen in Porzellanschüsseln, von denen fünf durch Hydrofone verstärkt waren. Ausgespielt wurde der Klang über vier im Raum installierte Lautsprecher.

Im Rahmen der Ausstellung bot Sauvage mehrere kurze Klang-Workshops für Kita-Kinder an. Heidrun Schramm leitete zwei Klang-Workshops mit Schülerinnen und Schülern der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli – CR², die in Performances in der Temporären Galerie mündeten. Eine Gruppe trat zur Finissage der Ausstellung vor Publikum auf, die zweite einige Wochen später.

Workshop von Tomoko Sauvage mit Kindern aus lokalen Kitas, begleitet durch deren Erzieher*innen. Projekttage, November 2014.

Die »Mini-Konzerte« von Tomoko Sauvage fanden inmitten ihrer raumgreifenden Klanginstallation statt. In konzentrierten Begegnungen konnten die Kinder das von der Musikerin entwickelte Instrument entdecken. Sie brachten das Wasser in den Porzellanschüsseln auf verschiedene Arten und Weisen in Schwingung, lauschten aufmerksam und erlebten, wie sich der Raumklang durch jede ihrer Handlungen veränderte. Hydrofone werden häufig dafür verwendet, Wassertiere wie Wale, Delfine oder Insekten in den Flüssen aufzunehmen. Verschiedene Klangkünstler*innen arbeiten mit derartigen Aufnahmen. Sauvage brachte eine Sammlung davon mit und überlegte gemeinsam mit den Kindern, wie die Unterwasserwelt wohl klingen mag.

Workshop von Heidrun Schramm mit Schüler*innen aus zwei jahrgangsübergreifenden Lerngruppen 4–6 der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli – CR², begleitet durch die Musiklehrerin Maja Dürr. Zwei Projektwochen, November 2014.

Alle Konzentration der Kinder war eine Woche lang auf ihre Umgebung und deren Alltagsklänge gelenkt. Batihor, Canan, Damir, Fatih, Haithem, Ilibey, Mahmoud, Martina, Medin, Mercau, Mert E., Mert K., Nazim, Nursena, Saleh, Serina, Tini und Zeinab lernten verschiedene Aufnahmetechniken kennen und konnten einige davon ausprobieren. Sie hörten Beispiele elektroakustischer Kompositionen, diskutierten darüber, sammelten Erfahrungen mit Stille in der Musik, lernten die Kunstpause als Stilmittel kennen, versuchten Alltagsgeräusche in Field Recordings zu erkennen und erkundeten die Akustik ihres Schulgebäudes. In einem nächsten Schritt bauten die Schüler*innen Kontaktmikrofone aus Piezo-Elementen und Stereo-Klinkenkabeln und experimentierten damit. Sie suchten nach Objekten für die Erzeugung lauter und leiser Klänge und verstärkten diese durch ihre Kontaktmikrofone. Raschelndes Papier, Schreibgeräusche, Klebeband, Radiergummis. Sie hörten Heizungsrohre ab, suchten weitere Alltagsklänge und nahmen diese auf. Weiter ging es mit der Arbeit mit einem Klangbearbeitungsprogramm. Es entstanden Klangcollagen als »Playback« für die bevorstehende Performance. Hinzu kamen live mit Instrumenten erzeugte Geräusche, die über die Kontaktmikrofone hörbar wurden. Im gemeinsamen Musizieren entdeckten die Kinder unbekannte Wege, jene Instrumente zu spielen, die sie aus dem Schulunterricht kannten. Am Ende schnürten sie die gesammelten Erfahrungen zu einer Konzert-Performance, die beide Gruppen in der Temporären Galerie zur Aufführung brachten.

VERANSTALTUNGEN

21. November 2014, 20 Uhr Konzert von Tomoko Sauvage zur Eröffnung der Ausstellung.

12. Dezember 2014, 15 Uhr und 16. Januar 2015, 15 Uhr Konzert-Performance der Kinder die am Workshop von Heidrun Schramm teilgenommen haben.
 

Tomoko Sauvage

Tomoko Sauvage (geb. 1976 in Yokohama, JP) ist experimentelle Musikerin und Klangkünstlerin. Sie lebt und arbeitet in Paris, Frankreich. Sauvage studierte Jazzklavier an der New School for Jazz and Contemporary Music, New York. Die Kompositionen von Alice Coltrane und Terry Riley weckten ihr Interesse an indischer Musik. Dabei entdeckte sie das Jaltarang, ein traditionelles Instrument aus Porzellanschalen, die mit Wasser befüllt sind. Fasziniert von der Einfachheit und Schönheit seiner Klänge, begann sie, das Instrument weiterzuentwickeln. Sauvage hat solo oder in Kollaboration mit Musiker*innen und Choreograf*innen in Europa, den USA, Kanada und Japan performt, ausgestellt und Workshops durchgeführt.

Heidrun Schramm

Heidrun Schramm (geb. 1966 in Uelzen, DE) ist Geräuschesammlerin, Klangkünstlerin und Komponistin. Sie studierte Sound Studies an der Universität der Künste Berlin (UdK). Sie lebt und arbeitet in Berlin-Neukölln. In ihrer Arbeit verbindet sie Klangkunst, Musik und Videokunst. Mischformen aus Performance, akusmatischer Aufführung und Installation entstehen. Sie komponiert konzeptuelle elektroakustische Musik für Multikanal-Lautsprechersysteme unter Verwendung von Aufnahmen akustischer Musikinstrumente, Stimmen und Objektgeräuschen sowie Fieldrecordings. Alltag, Kontext, Poesie, Raum sind wichtige Faktoren für ihre Arbeit. Ihre Arbeiten präsentiert sie auf Festivals, in Konzertreihen und Galerien. Seit 2013 hat sie einen Lehrauftrag für Sound, Technik, Theorie: Szenische Klanggestaltung an der UdK Berlin. 2010 lehrte sie Szenische Klanggestaltung an der HfBK Dresden. Seit 2011 leitet sie künstlerische Workshops an Berliner Schulen.

 

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