Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung

 

Chillen ohne Ende

Achtsamkeitskurs für Schüler*innen aus zwei Willkommensklassen der Zuckmayer-Schule

Die Künstlerin und Kunstvermittlerin Birgit Binder (aka Birgit Auf der Lauer) arbeitet seit 2019 kreativ mit Kindern und Jugendlichen und ist seit 2019 für die Kunstvermittlung der Kommunalen Galerien Berlin-Neukölln zuständig. Zwischen September 2021 und Mai 2022 nahm sie an der Fortbildung „AiSchu“ (Achtsamkeit in Schulen) teil, einem von der Oberstudienrätin, MBSR Coachin und Gymnasiallehrerin Vera Kaltwasser speziell für jene Menschen entwickeltem Curriculum, die in Schulen oder außerschulischen Bildungsinstitutionen mit jungen Menschen arbeiten.

Dieses Curriculum hat Birgit Birgit im Rahmen des Pilotprojektes „Chillen ohne Ende“ an die Bedürfnisse von mehrfach belasteten Schüler*innen angepasst und im Frühjahr 2023 mit Schüler*innen aus zwei Willkommensklassen (Jahrgangsstufen 7 bis 10) der Berlin-Neuköllner Zuckmayer Schule erprobt. Es war ein Zusammenspiel aus Techniken, die Birgit erlernt hat und weitergibt und Techniken, die die Schüler*innen gemeinsam mit ihr entwickelten.Das bedeutete gemeinsam herauszufinden welche die Strategien der Schüler*innen sind, um zur Ruhe zu kommen: Wo und wie kommen ich im Alltag zur Ruhe? Was passiert dabei mit mir, meinen Gedanken und meinem Körper? Kann man daraus Übungen entwickeln, die auch anderen helfen könnten?

Der kreative und achtsamkeitsbasierte Workshop fand regelmäßig während des Unterrichts statt. Gemeinsam haben sich die zwei Gruppen mit erlernten Denk- und Wahrnehmungsmustern, die Stress erzeugen können, auseinandergesetzt, geübt den Forschergeist beim Erkunden der eigenen Empfindungen und Gedanken zu aktivieren, sich mit dem Atem, mit Bewegung und Sinneswahrnehmung als Anker in der Meditation / Ruhephase befasst, Freude und Mitgefühl geübt, Möglichkeiten im Umgang mit schwierigen Gefühlen erprobt und durch künstlerische Aufgaben, den inneren Kritiker bemerkbar gemacht.

Das Feedback der Schüler*innen am Ende der 4 Monate war deutlich: Körperliche Bewegung, Wahrnehmungsüben, praktische Aufgaben mit wenig Sprachanteil sind super hilfreich zum beruhigen des Nervensystems, auch wenn es dann und wann große Überwindung gekostet hat. Besonders deutlich war dieses Feedback mit Blick auf einen Ausflug zum Tempelhofer Feld, wo es ums achtsame Bewegen und die Gehmediation ging. Die Schüler*innen tasteten sich vom Rennen zum langsamen Gehen vor. Achtsames Essen, der Fokus aufs Hören und auf den Tastsinn waren weitere Elemente. Für fast alle Schüler*innen war dies die gelungenste Einheit, auch wenn sie sich Anfangs schwer getan haben im öffentlichen Raum „loszulassen“. Draußen zu arbeiten, wo man den weiten Himmel und auch Grün sehen kann ist ein Szenario, das erdet und das Nervensystem beruhigt.

Jugendliche müssen oft alleine im Spannungsfeld der teilweise widersprüchlichen Anforderungen an sie durch Schule, Familie und Freundeskreis zurecht kommen. Dabei eine Praxis zu erlernen, die es ihnen ermöglicht bei sich zu sein und Ruhe darin zu finden, kann zu einem wichtigen Werkzeug in der eigenen Entwicklung werden.

Fotos: Dylan Lee Lowry, 2023

Birgit Binder wurde und wird im Rahmen folgender achtsamkeitsbasierten Programme für Pädagog*innen ausgebildet: Mindful Schools AISCHU AVE Institut

Ihre achtsamkeits basierte Arbeit im Fachbereich Kultur des Bezirksamtes Neukölln kann man hier sehen: Kommunale Galerien Neukölln - Atem Pause

Vielein Dank an Between Bridges für die Unterstützung!

Assistenz im Unterricht

An der Rixdorfer Schule gibt es seit über 20 Jahren Willkommensklassen (auch wenn sie früher anders genannt wurden). Diese Klassen laufen in unterschiedlichen Strukturen: Willkommensklassen als eigenständige Lerngruppen mit Anbindung an den Schüler*innenclub ohne gebundenen Ganztag und temporäre Lerngruppen, deren Schüler*innen Regelklassen im gebundenem Ganztag (Mittagessen, Freizeit, AGs) besuchen und zusätzlich an mehreren Stunden täglich einen Intensivdeutschkurs besuchen. Diese beiden Strukturen lassen eine flexible und individuelle Zuordnung der Kinder in die jeweilige Lerngruppe zu.

Durch eine Lernassistentin, einen Lernassistenten im Unterricht erfahren die Kinder aus den Willkommensklassen eine gute Begleitung im Unterricht und beim Übergang in eine Regelklasse. Darüber hinaus erhalten die Kinder über einen Verfügungsfonds Begrüßungstüten mit Unterrichtsmaterialien, finanzielle Unterstützung für Freizeit und Schulfahrten.

An der Rixdorfer Schule werden Kinder die eine Willkommensklasse besuchen ab dem ersten Tag an der Schule durch eine Arabisch sprechende Lernassistentin, einen Lernassistenten zunächst eine Woche intensiv begleitet, um ihnen die Orientierung in der Schule und im Unterricht zu erleichtern. Anschließend unterstützt die Lernassistentin, der Lernassistent die Kinder punktuell im Unterricht, beim Schwimmen und dem Mittagessen, um eventuelle sprachliche und kulturelle Hürden zu überbrücken und den Kindern einen guten Start in der Schule und in Berlin zu ermöglichen. Dabei ergänzt die Lernassistenz die Arbeit der Klassenteams und der Sozialpädagog*innen der Schule und erweitert das Unterstützungsangebot für eine gelingende Schulbildung der Kinder. Bei Bedarf berät die Lernassistenz die Kolleg*innen und unterstützt bei Elterngesprächen.

Die Rixdorfer Schule ist seit 2012 eine Kooperationsschule der Pädagogischen Werkstatt. Gemeinsam konnten zwei Stiftungen und eine private Spenderin gefunden werden die die Stelle der Lernassistenz zwischen 2015 und 2020 finanzierten.

Im Schuljahr 2022/23 arbeitet eine russisch sprechende sprechende Lernassistentin mit den Willkommenskindern.  

Patenschaften

Mit der Stiftung Bildung wurde im Rahmen des Lokalen Bildungsverbundes eine Stiftung gefunden, die mit ihrem Programm „Menschen stärken Menschen“ Patenschaften zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Fluchterfahrung finanziell unterstützt. Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrungen, die eine Bildungseinrichtung im Reuter- und Donaukiez besuchen, werden durch Patenschaften in ihren Bildungseinrichtungen begleitet und lernen mit ihren gleichaltrigen Patinnen und Paten auf Augenhöhe ihren neuen Stadtteil kennen. Dank der Kooperation mit der Stiftung Bildung können Kinder und Jugendliche im Rahmen der Patenschaften beispielsweise eine Erstausstattung für den Sportunterricht erhalten, an einer Klassenfahrt teilnehmen oder ihr neues Wohnumfeld erkunden.

An dem Programm nahmen 2017 drei Grundschulen sowie eine Kinder- und Freizeiteinrichtung teil, die mit der Förderung ihr pädagogisches Angebot festigen bzw. erweitern konnten. Eine der drei Schulen wurde auch 2018 weiter von der Stiftung Bildung gefördert.